Interview mit dem Autor

Also jetzt sagen Sie mir erstmal wo sie herkommen. Ich weiß ja wirklich garnix über Sie.

 

Ich bin im Brauereidunst der oberbayerischen Kleinstadt Erding groß geworden. Ich weiß noch, dass der Schuldirektor des dortigen Gymnasiums übles Schreckensregime geführt hat und dass ich auch große Angst vor meinem Geigenlehrer gehabt habe. Außerdem durfte man auf dem Spielplatz am Ende unserer Reihenhausreihe nur von 10-12 und von 15-18 Uhr spielen. Das wurde von einigen Anwohnern höchstpersönlich überwacht. Einer von denen hieß lustigerweise Krachowitzer … Erding hatte aber auch gute Seiten: meine Freunde, den Stadtpark und den grandiosen Jazzpianisten Dieter Knirsch.

 

Ja und, weiter?

 

Als ich 16 war, sind wir nach Regensburg gezogen. Fiel meinen beiden Schwestern und mir zwar schwer, war aber sicher eins der besten Dinge, die uns in unserem Leben passiert sind. Regensburg ist rundrum toll. Nach der Schule habe ich Zivildienst in München gemacht und psychisch Kranke betreut. Eine absurde Zeit. Werde ich sicher auch irgendwann mal in einem Buch verbraten. Danach wollte ich Architektur studieren und die zentrale Studienplatzvergabestelle nach mich nach Berlin geschickt.

 

Wie langweilig. Nach Berlin ging man doch, weil man ein Rebell war und Häuser besetzen wollte.

 

Tja, bei mir wars tatsächlich nur die ZVS. Kann ich im nachinein auch nicht schönreden. Aber ich hab mich ausgiebig auf Partys in besetzten Häusern herumgetrieben. Das kann man ja auch als eine Art Beitrag zur Revolu...

 

Reden wir von etwas anderem. Sie haben also Architektur studiert. Und dann haben Sie irgendwann genug von dem tumben Ingenieurskram gehabt und stattdessen zur Feder gegriffen?

 

Tumber Ingenieurskram? Also das ärgert mich jetzt ... Also Architektur, das ist so ziemlich das Gegenteil vom tumben Ingenieurskram. Sie ham ja keine Ahnung. Gute Architektur zu erleben ... das ist für mich wie ... wie S...

 

Entschuldigung, ich wollte ja nur eine Überleitung bauen. Aber da habe ich wohl unbedacht etwas herabgewürdigt, was Ihnen sehr am Herzen liegt?

 

Allerdings. Aber gut, ich mich habe tatsächlich nach meinem Diplom entschieden, nicht als Architekt zu arbeiten.

 

Warum?

 

Nun, die Baubranche war seit Jahren am Boden und ich bekam mit, wie Studienfreunde mit Einser-Diplomen Jahr für Jahr für mickrigste Gehälter 70-Stunden-Wochen in Architekturbüros herunterrissen. Nur die, die was mit Internet machten, fuhren auf einmal dicke Autos.

 

Ah, auf diesen Zug sind sie also aufgesprungen.

 

Muss man wohl so sagen. Ich habe als Konzepter in einer Online-Agentur angefangen. Und dann habe ich mich sukzessive in einen Texter verwandelt, weil mir das irgendwie noch mehr lag.

 

Von da war dann der Weg Autor nicht mehr weit?

 

Nun ja, zumindest wuchs mit dem Job das Selbstvertrauen, etwas Lesbares zu Papier bringen zu können. Wichtig waren für mich aber vor allem die Kolumnen von Max Goldt und die Texte in der „jetzt“, dem unverzeihlicherweise 2002 eingestellten Jugendmagazin der SZ. Dieser Mut, einfach über kleine Dinge zu schreiben, ohne irgendwie den Dicken zu machen, das hat mir gefallen. Aber wenn nicht 2001 die Internetblase geplatzt wäre die am Ende auch meiner Agentur das Genick gebrochen hat, hätte ich vielleicht nie ernsthaft damit angefangen. Als erstes habe ich mich an einem Thriller versucht. Parallel habe ich begonnen, für das Berliner Stadtmagazin Zitty zu schreiben. Da gab es ein paar Jahre die Kolumne „Berlin_brutal“ die ich im Wechsel mit drei anderen Autoren machen durfte. Außerdem war ich beim Literaturwettbewerb Open Mike mit einer Kurzgeschichte erfolgreich.

 

Kommen wir zu „Schief gewickelt“. War das dann ihr zweites Romanprojekt nach dem Thriller?

 

Ja. Wir hatten nämlich inzwischen einen Sohn bekommen und ich habe mir die besten Anekdoten die wir mit ihm erlebt haben immer aufgeschrieben. Dabei hatte ich im Hinterkopf, dass ich irgendwann mal ein lustiges Sachbuch daraus mache. „So überlebt man als Papa“ oder so ähnlich. Dann kam Tommy Jauds „Vollidiot“ heraus. Nachdem ich das Buch gelesen hatte, war mir klar, dass das Papa-Ding auch gut als Geschichte funktionieren würde.

 

Ist es bei Ihnen im wahren Leben auch so wie in ihrem Buch? Ihre Frau arbeitet und sie kümmern sich um Kind und Küche?

 

Nicht ganz. Im Gegensatz zu meinem Romanhelden Markus Heisenkamp arbeite ich auch ein wenig und meine Frau hat zum Glück etwas mehr Zeit für das Familienleben als Markus Frau Simone. Wir machen oft fliegenden Wechsel bei der Kinderbetreuung.

 

Mal eine etwas kritische Frage: Glauben Sie, dass jemand, der die markerschütternde Geschichte ihres Paparoman-Helden Markus Heisenkamp liest, wirklich noch Kinder bekommen will?

 

Aber selbstverständlich. Eigentlich sollte es sogar Appetit aufs Kinderkriegen machen. Oder sagen wir es so: Wen schon diese Geschichte abschreckt, der sollte auch wirklich keine Kinder bekommen. Haben Sie Kinder?

 

Nein, aber wir sind am überlegen ... Sie denken also, Ihr Buch kann sowohl als Warnung, als auch als Ermutigung verstanden werden?

 

Das haben Sie schön gesagt. Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.

 

Vielen Dank für das Gespräch.